Ich möchte hier mal etwas zu meinen "Schülern" schreiben, sie haben es sich redlich verdient!

Denn nach gut eineinhalb Jahren ist es endlich soweit.

Die ersten Schülerinnen haben den Ausbildungsgang zum Hufpfleger (interne Bezeichnung, einem oberbayrischen Schmied zu verdanken: Hufuschi!) erfolgreich beendet.

Ja, ausschließlich Schülerinnen.

Es scheint, dass auch diese ehemalige Männerdomäne schön langsam mehr oder weniger komplett von den Frauen übernommen wird.

Und was soll ich sagen? Ich bin nicht allzu traurig darüber.

Warum?

Gründe dafür gibt’s einige:


Frauen können genauso hart zupacken wie Männer!

Gut, vielleicht nicht ganz von Anfang an.
Und wenn sie erst mal die Muskeln antrainiert haben, die für diesen Beruf nötig sind, entsprechen sie (sagen wir mal: zumindest ihre Arme), nicht mehr zu einhundert Prozent dem Schönheitsideal, das heutzutage so propagiert wird...;-)
Aber mal ehrlich, wer will schon wirklich solche Hühnchen, möglichst noch inclusive „chickenwings“ sehen, wie sie auf den Laufstegen der Modewelt umherstaksen?!

Frauen sind einfühlsamer!

Bemerkt an meinem eigenen Pferd, das oftmals für „Übungszwecke“ zur Verfügung stand. Zeitweise wurde ich einfach weggeschickt, weil es dann besser und ruhiger stand. Obwohl ich nun auch kein Hauruck- und Draufschlagschmied bin und meine Pferdchen eher als Familienmitglieder denn als Reittiere sehe...

Frauen können Technik!

Frauen haben genauso wenige oder viele Probleme mit Technik und Werkzeug, wie Männer auch. Es kommt nur darauf an, ob ein echtes Interesse besteht und wie der Umgang mit solchen Dingen nahegebracht wird.
Ersteres ist sowieso Grundvoraussetzung, damit sich jemand für einen solchen Beruf entscheidet, zweiteres liegt ja nun schliesslich auch und vor allem in unserer, der Lehrkräfte Verantwortung! Und manchmal muss man eben auch zu eher unkonventionellen „Lehr-“mitteln greifen, ich sag nur HT-Rohr...

Frauen haben Standvermögen!

Gerade wenn der Umgang beispielsweise mit Werkzeug nicht bereits in jungen Jahren so intensiv geübt wurde und demzufolge in „Fleisch und Blut“ übergegangen ist, wie das bei vielen Männern der Fall ist, muss man solche handwerklichen Fertigkeiten eben erst von Grund auf neu lernen. Entsprechend sind anfangs auch nicht immer die Fortschritte zu sehen, die man selbst gerne sehen möchte...

Keine einzige Schülerin hat sich von sowas aber wirklich ins Bockshorn jagen lassen!
Egal, ob nach einer „Schabeaktion“ am Pferd ein tiefgefrorener Huf vorgelegt wurde mit der Aufgabe, in kurzer Zeit einen ganzen Zentimeter abzuraspeln (wer sich nun denkt, was sei schon so ein Zentimeterchen, dem sei es nahegelegt, das an einem grossen, tiefgefrorenen Huf mal selbst auszuprobieren! Nur soviel: es sind regelrechte Dampfschwaden über den Mädels aufgestiegen!).
Egal, ob nach schmerzhaften „Selbstverstümmelungen“ oder auch nach fremdverschuldeten Verletzungen...
Egal, ob Eiseskälte oder Affenhitze, alle haben sich tapfer durchgebissen, ohne allzuviel zu jammern!
...Männer jammern da mehr, das weiß ich aus eigener Erfahrung!;-)

Frauen sind umsichtiger!

Die Entscheidung, nicht gleich alles auf einmal zu wollen, eventuell auch mal ein bisserl weniger am Huf zu machen, erspart vielen Tieren unnötige Schmerzen und Pein.
Im Gegensatz zu den Brachialmethoden, die man gerade bei (männlichen) Kollegen gerne schon mal sieht!

Last not least: es hat eine Menge Spaß gemacht!

Wir haben viel gelacht!

Und selbst, wenn wir Ausbilder mal wieder unsere Witze auf Kosten der Schülerinnen gemacht haben, gab´s keine wirklich beleidigten Gesichter. Das soll ihnen erst mal ein Mann nachmachen!

Im Gegenteil:

Wer, wenn nicht eine Frau, würde den eigenen Ausbilder als „Pussy“ bezeichnen, wenn er mal wieder am rumjammern ist?

Und zu guter Letzt: wer, wenn nicht eine „g´standene“ Frau würde den Ausbilder beim Abschlussfest unter den Tisch trinken?! ;-)

Ihr könnt mich getrost auch "Hufuschi" nennen, da bin ich dann noch stolz drauf! :-)

Also, macht so weiter, dann passt´s scho!

Euer Wolfgang