Fachinformationen zum Duplo Rehebeschlag

1. Zugrundeliegende Behandlungs- und Beschlagssystematik für Rehehufe

Anatomisch-physikalische Grundlagen: die Körperlast des Tieres wird über die Knochensäule der Gliedmaßen in den Hornschuh des Hufes und darüber in den Untergrund abgeleitet.
Dabei ist der letzte Knochen dieser Säule, das Hufbein, über eine stark aufgefiederte Verbindungsschicht, die Lamellenschicht, in der Hornkapsel aufgehängt.
Die Drucklast des Körpers wird darin zunächst in eine Zuglast umgewandelt, die Hornkapsel gibt die Last wieder als Drucklast an den Untergrund ab.
Infolge von Reheerkrankungen am Pferdehuf löst sich das Hufbein aus seiner festen, innigen Verbindung in der Hornkapsel, die Last kann je nach Schweregrad der Erkrankung nur noch zu einem Teil in der oben genannten Weise abgeleitet werden.
Gleichzeitig verändert das Hufbein infolge dieses Vorganges in sehr vielen Fällen seine Position innerhalb der Hornkapsel.
Folge ist die unmittelbare Einleitung der Körperlast vom Hufbein über Sohlenlederhaut und Hornsohle als Drucklast in den Untergrund ohne den „Umweg“ über die elastische Aufhängung in der Hornkapsel.
Bei einer weniger gravierenden Rehe, bei der lediglich der Zehenwandbereich betroffen ist, rotiert das Hufbein zunächst nach hinten-unten, insbesondere der vordere, sehr scharfkantige Randbereich des Hufbeins wird dabei mit Druck beaufschlagt, bei gravierenden Reheerkrankungen löst sich das Hufbein mehr oder weniger komplett vom umgebenden Hornschuh ab und sinkt darin insgesamt nach unten, der gesamte untere Hufbeinrand liegt auf der Sohlenlederhaut auf.
Folge ist eine Druckbeaufschlagung der dafür nicht ausgelegten, stark innervierten Sohlenlederhaut mit entsprechender Empfindlichkeit und Schmerzhaftigkeit in den jeweiligen Bereichen.

Abbildung 1: Schematischer Kraftverlauf bei intaktem Hufbeinträger Abbildung 2: Schematischer Kraftverlauf bei zerstörtem Hufbeinträger

Aus diesen Tatsachen ergeben sich einige Gesichtspunkte, die bei einer sinnvollen orthopädischen Behandlung bzw. einem orthopädisch wirksamen Beschlag beachtet werden müssen.

1. Die durch die Verbindungstrennung geschädigte Hornkapsel ist so zunächst nicht mehr in der Lage, die Körperlast in den Untergrund abzuleiten.
Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, die geschädigten Bereiche soweit als möglich und so lange zu entlasten, bis sie wieder tragfähig, also in inniger Verbindung zur Wandlederhaut von oben herab nachgewachsen sind.
Dabei darf den eventuell noch tragfähigen Bereichen, beispielsweise bei Rotation vor allem den Trachten, nicht die gesamte Körperlast aufgebürdet werden, da ansonsten die Gefahr besteht, dass auch hier, nunmehr mechanisch, die Verbindung zwischen Horn und Hufbein zerreißt.

2. Der schmerzhafte Bereich der Hufsohle muss entlastet werden, das Hufbein darf in seinem scharfkantigen Randbereich nicht druckableitend wirken.

Jeder effektive Hilfsbeschlag muss nun vor allem von unten sowohl stützend auf das Hufbein einwirken, ohne seinen scharfkantigen Rand mit einzubeziehen, als auch schützend gegen Drücke vom Untergrund wirken, sowie die Hornwand soweit als möglich entlasten.

Abbildung 3: Stützbereich des Hufes hinterhalb des Hufbeinrandes

2. Beschreibung des DUPLO - Rehebeschlages

Um dies zu ermöglichen, wurde der DUPLO – Rehebeschlag so gestaltet, dass er über einen, der Sohlenfläche des Hufbeins entsprechend geformten, kunststoffummantelten, harten Metallkern mit darüber eingebrachtem, dauerelastischen Polstermaterial die auftretenden Kräfte möglichst definiert und flächig in die Hufsohle und damit die Sohlenfläche des Hufbeins einleiten kann.
Das offene Zehenteil ermöglicht sowohl ein starkes Zurücknehmen des Zehenwandhornes zur Wiederherstellung der Parallelität von Hufbein und Hufwand als auch ein möglichst frühes Abrollen des Hufes und damit die Minimierung von Hebelkräften im vorderen Hufbereich.
Harte Stöße beim Auftreffen der Gliedmaße werden durch die Kunststoffummantelung des Beschlages zusätzlich abgedämpft, auch der Steg selbst ist zur Hufseite hin ausschließlich aus elastischem Kunststoff geformt.
Die Gesamtform des Beschlages wurde aus einer Vielzahl möglicher Hufformen ermittelt, um eine große Bandbreite von Anwendungen abzudecken.
Sie kann durch einfaches Beischleifen exakt an die jeweils vorliegende Form angepasst werden.
Das Gewicht des Beschlages liegt noch unter dem eines normalen, zehenoffenen Beschlages ohne Steg mit leichter Einlegesohle aus Kunststoff.

3. Vorbearbeitung des Hufes

Jede Bearbeitung und jeder Beschlag von Rehehufen sollte unbedingt nach zeitnah angefertigten Röntgenbildern erfolgen!

Um dem Rehehuf möglichst effektiv helfen zu können, ist es sinnvoll, sich bei der Arbeit an aktuellen Röntgenbildern zu orientieren, um sowohl die Gefahr von Drücken am Hufbeinrand ausschließen zu können, als auch die Hebel, die durch einen eventuell vorhandenen lamellären Keil entstehen, weitestmöglich zu eliminieren.
Zusätzlich wird dabei die noch vorhandene Sohlenstärke ersichtlich, die die Grenzen für die Korrektur über das Einkürzen des Hufes von unten aufzeigt.
Um den Steg des Beschlages in die richtige Position zum Hufbein bringen zu können, ist es wichtig, die Position des vorderen Hufbeinrandes am Huf so zu kennzeichnen, dass sie nicht bei der Bearbeitung weggeraspelt oder -geschnitten werden kann.
Dies kann beispielsweise mittels einer flachen Querrinne mit dem Hufrinnmesser in der Hufsohle geschehen, es kann der bereits vor den Röntgenaufnahmen sauber beschnittene Strahl an der Spitze markiert werden, beispielsweise mit einem abgezwickten Reißnagel etc...

Abbildung 4: Position des Steges anhand der Röntgenaufnahme Abbildung 5: Markierung des Hufbeinrandes an der Hufsohle Abbildung 6: exakte Position des Steges

Ein Bearbeiten oder gar starkes Ausschneiden der Sohle muss unterbleiben, lediglich lockeres Zerfallshorn sollte vorsichtig entfernt werden, um Fäulnisvorgänge am beschlagenen Huf zu vermeiden.
Ausnahme: wenn durch die Röntgenaufnahmen festgestellt wurde, dass sich eine sehr starke, doppelte Sohle im Huf befindet, kann vorsichtig versucht werden, diese zu entfernen, um den Huf in seine normale Länge einkürzen zu können.

Auch der Strahl sollte so groß und tragfähig wie möglich verbleiben, aber auch hier muss Fäulnisvorgängen durch lose Hornanteile, überlagerte Furchen etc. durch entsprechendes Beschneiden vorgebeugt, bzw. bestehende Fäulnisherde ausgeschnitten werden.

Beim Bearbeiten des Hufes von unten muss versucht werden, eine gestreckte Zehenknochenachse wiederherzustellen.
Dies jedoch in den Grenzen, die einerseits durch die Sohlenstärke, andererseits durch eine beim chronischen Rehehuf eventuell bereits bestehende Verkürzung der tiefen Beugesehne vorgegeben sind.

Nach dieser Winkelkorrektur werden die Wandanteile, die nicht parallel zum Hufbein verlaufen, soweit als möglich wieder parallel dazu geraspelt.
Lediglich im Bereich der Nagelung muss genug Wandhorn verbleiben, um einen sicheren Halt der Nagelnieten zu ermöglichen.
Nachdem jedoch der DUPLO – Rehebeschlag relativ leicht ist, genügen zur Befestigung in der Regel Nägel vom Typ E – Slim, die ein recht starkes Bearbeiten der Seitenwände ermöglichen...
Der Huf soll nach der Aussenwandbearbeitung seine natürliche, „gesunde“ Form erhalten.
Jede abrupte Radienänderung am Umfang der Hornkapsel (beispielsweise durch das gerade Abraspeln der Zehenwand) führt zu ebenso abrupten Veränderungen der Krafteinleitung, was entsprechende Überlastungen einzelner Bereiche der Hornkapsel mit Verschiebungen ganzer Hornbereiche und des darüberliegenden Kronsaumes zur Folge haben kann.

Wie für jeden Kunststoff- oder Kombinationsbeschlag ist eine relativ starke Phase am gesamten Tragerand anzubringen (mind. 2-3mm), die Hufzehe ist zunächst leicht zu berunden.

4. Auswahl der richtigen Beschlagsgröße, Anpassung des Beschlages

Die Beschlagsgröße wird durch die Position des Steges und der Nagelgesenke vorgegeben.
Dabei ist der Beschlag so zu wählen, dass der vordere Rand des Metallkerns des Steges mindestens 10 – 15 mm hinter dem vorderen Hufbeinrand zu liegen kommt und sich die Nagelgesenke gleichzeitig im Bereich der weißen Linie befinden. Bei Flach- oder Vollhufen mit entsprechend dünner, empfindlicher Sohle kann es nötig sein, den Steg zunächst noch weiter nach hinten zu legen, um starke Drücke im vorderen Bereich des Hufbeins zu vermeiden.

Abbildung 7: Position des Steges und der Nagellöcher

Sind diese beiden Voraussetzungen erfüllt, kann der Rest des Beschlages nunmehr passend zum Huf beschliffen werden. Am besten eignet sich dazu eine Bandschleifmaschine mit grobem Schleifband, zu starkes Andrücken des Beschlages und zu hohe Schleifgeschwindigkeit (beispielsweise bei Verwendung eines Einhandwinkelschleifers) kann zur Überhitzung des Kunststoffes und damit zum Zusetzen des Schleifmaterials führen.
Zwischen dem vorderen Steg und der Hufsohle muss über die gesamte Fläche ein Abstand von mindestens 5mm bleiben!

Abbildung 8: Abstand zwischen Steg und Hufsohle

Ist dies beim Rohbeschlag nicht der Fall, beispielsweise bei sehr flacher Hufsohle, kann der Kunststoffanteil des Steges zurückgeschliffen werden, notfalls bis zum Metallkern. Auch von vorne kann der Steg bis zum Metallkern zurückgeschliffen werden. Dabei ist jedoch darauf zu achten, dass zur Hufsohle hin keine Kanten oder punktuelle Vorsprünge entstehen, der Steg muss sich quasi in die Sohle „einschmiegen“.

Der hintere Steg des Beschlages ist, falls nötig, auf einen Überstand von ca. 5mm über die Trachten hinaus einzukürzen, die runde Form sollte dabei erhalten bleiben. Der Beschlag wird von der Unterseite mit einer Trachtenrichtung versehen, die kurz vor dem Trachtenende des Hufes beginnen sollte. Wird dieser Bearbeitungsschritt versäumt, kann dies zu einer relativ starken Trachtenfußung führen, die vermehrte Erschütterungen beim Auftreffen des Hufes auf den Untergrund zur Folge hat...

Die Seitenbereiche des Beschlages sind von außen soweit beizuschleifen, dass sie von ca. 1mm seitlichem Überstand im Bereich der Zehenteile des Beschlages über mind. 2mm Überstand im Seitenwandbereich zu einer normalen Stützbreite im Trachtenbereich (bspw. durch Orientierung am Kronsaum) verlaufen.

Die scharfe Kante des Beschlages kann nun ebenfalls von oben leicht angefast werden, im Trachtenbereich wird der Beschlag nach Bedarf von oben stark angeschrägt (bodenweit gerändert), es sollte jedoch eine ebene Auflagefläche von mind. 2mm außerhalb der Hufwand verbleiben.
Die Zehenteile des Beschlages sollten ab dem ersten Nagelgesenk auf der Hufseite nach vorne zu leicht abgedacht werden, um Druck auf den Huf vor dem ersten Nagel zu vermeiden.

Abbildung 9: Anzeichnen der Überstände Abbildung 10: fertig beschliffener Beschlag

5. Wahl der richtigen Polstermasse

Für effektive Rehebeschläge ist zumeist eine knetbare Hufpolstermasse das Polster der Wahl, denn damit lässt sich im Gegensatz zu Gusspolstern ein leichter, definierter Druck auf die Hufsohle bei gleichzeitig grösstmöglicher Entlastung der Hufwände erzielen. Bei empfindlicher Hufsohle oder entzündeter Sohlenlederhaut empfiehlt sich zunächst die Verwendung eines weichen Gußpolsters, das eher passiv stützt.

6. Anbringen des Beschlages, abschließende Arbeiten

Die nachfolgende Anleitung bezieht sich auf die Verwendung eines knetbaren Zweikomponentenpolsters.

Bei Verwendung eines Gußpolsters werden die entsprechenden Schritte nach Anweisung des Polsterherstellers durchgeführt. Hier wird das Polster nach dem Aufnageln des Beschlages eingebracht.

Nach dem Vorbereiten von Huf und Beschlag wird zunächst die richtige Menge Polstermasse abgemessen. Dies geschieht, indem das noch nicht mit Härter vermischte Polster von den Trachten bis zum Ende des vorderen Steges in die Hufwölbung eingedrückt wird. Sie darf etwas über den Tragerand überstehen.

Nach dem Verkneten mit der richtigen Menge Härter laut Herstellerangabe wird das Polster wie zuvor in die Hufsohle eingedrückt, der Beschlag in der richtigen Position auf den Huf gelegt und zunächst mit zwei Nägeln im vorderen Wandbereich leicht fixiert.

Abbildung 11: Abmessen der richtigen Polstermenge Abbildung 12: Beschlag mit zwei Nägeln fixiert...

Bevor der Huf zur Kontrolle des richtigen Sitzes abgestellt wird, sollte das Polster kurz vor dem Aushärten sein, denn idealerweise bleibt ein minimaler Polsterüberstand (<= 0,5mm) zwischen Huftragerand und Beschlag. Dies gewährt einen leichten, dauerhaften, flächigen Druck auf die abgepolsterten Bereiche des Hufes sowie die nahezu völlige Druckentlastung der Hufwände.
Abhängig vom Schweregrad der Schädigung des Hufes (=erhöhte Sohlenempfindlichkeit oder -reizung) kann es auch nötig sein, zunächst auf diesen Überstand zu verzichten.

Nach Kontrolle des Sitzes werden die restlichen Nägel eingeschlagen, normalerweise reichen insgesamt 4 bis 6 Nägel für einen sicheren Halt dieses Rekonvaleszenzbeschlages aus.

Die Nägel sollten in der Wand weit genug nach oben in gesundes Horn getrieben und fachgemäß vernietet werden, denn im Falle eines Abtretens des Beschlages ist es weitaus besser, wenn sich die Nieten aufziehen und der gesamte Beschlag fällt relativ folgenlos vom Huf, als wenn die Nieten im unteren, gerade bei Rehehufen oftmals relativ stark geschädigten Hufwandbereich sitzen und bei Beschlagsverlust einen Teil dieses Wandhornes mit abreissen.

Bei der Verwendung von geschlossenen Beschlägen mit Polsterung ist es eher irrelevant, ob die Nägel lediglich bis zur weitesten Stelle des Hufes oder auch dahinter gesetzt werden, denn eine seitliche Hufmechanik findet auf solchen Beschlägen sowieso so gut wie nicht mehr statt, dementsprechend kann sie auch durch weit nach hinten gesetzte Nägel nicht weiter eingeschränkt werden.
Es zeigt sich jedoch erfahrungsgemäß, daß das Wachstum des Hufes dadurch nicht in relevantem Masse eingeschränkt wird.

Nach dem fachgemäßen Vernieten des Beschlages sollte die freistehende Zehenwand so berundet werden, dass sie beim Abrollen des Hufes möglichst wenig Kontakt zum Untergrund erhält. Auch dabei ist wieder darauf zu achten, dass ein homogener Verlauf des Tragerandes ohne abrupte Radienverläufe entsteht.

Abbildung 13: Fertiger Beschlag Abbildung 14: Weiche Radienübergänge!

Bei der folgenden Kontrolle des Laufverhaltens des Tieres sollte es auf jeden Fall gleich gut oder besser laufen als vor dem Anbringen des Beschlages.

Ist dies nicht der Fall, muss unbedingt überprüft werden, ob in einzelnen Bereichen oder an der gesamten Sohlenfläche zu viel Druck eingeleitet wird. Ist dies der Fall, muss dies durch Verringern der Polsterstärke, eventuell auch durch Nachschleifen des vorderen Steges entsprechend korrigiert werden.

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